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Reisebericht

Reisebericht Wiebke Abraham

Diese Indienreise, mein erster Blick in dieses Land, war eine ungeheuer große Erfahrung für mich. Natürlich hatte ich mich vorbereitet, vieles vorab gelesen, Filmberichte gesehen … was man eben so tut, bevor man sich auf eine solche Reise macht. Aber dann, vor Ort, war alles dann doch noch einmal völlig anders. Geräusche, Gerüche, Licht und vor allem: Farben – das geballte Leben, das sich vor unseren Augen abspielte. Annette Taphorn, unsere Reiseleiterin und eine Indienkennerin vom Feinsten, hatte uns eine wunderbar interessante Reise zusammengestellt. In der ersten Woche besichtigten wir zahlreiche, beeindruckend schöne Kulturstätten und Tempelanlagen. Unser taffer Busfahrer und Begleiter Gurinderjit Singh chauffierte uns viele Kilometer durch Nordindien – und das unfallfrei! Es war der Blick hinter die Kulissen, der von diesem Teil der Reise so tiefe Eindrücke hinterließ. Alte Handwerksbetriebe und Lebenssituationen in den Hinterhöfen der Orte und Straßen bekommt man als „normaler“ Tourist wohl selten zu Gesicht. Erschütternd zu sehen, wie verkrüppelte Menschen auf den Straßen Indiens sich selbst überlassen sind. Prunk und Protz dort, tiefstes Elend hier – wir bekamen zumindest einen kleinen Eindruck von der Widersprüchlichkeit dieses Landes.

Die zweite Woche verbrachten wir dann im Camp des RDT in Anantapur. Ein wunderbarer Ort, angelegt wie ein Dorf mit kleinen Häusern, von denen einige für uns reserviert waren.

Nicht vergleichbar mit dem Luxus der Hotels der ersten Reisewoche, aber ungleich sympathischer und vor allem: „näher dran“ und auch für uns verwöhnten Mitteleuropäer ausreichend komfortabel.

In der „Dorfmitte“ die große Cantina, in der wir uns zum Essen trafen.

Die folgenden Tage waren gefüllt mit Informationsbesuchen – das volle und beeindruckende Programm, auf dem unter anderem stand: Der Besuch einer Gehörlosenschule, einer Blindenschule, eines Hospitals, eines Waisenhauses für aidskranke Kinder, von Dorfschulen, Biogas- und Solaranlagen und Projekten nur für Frauen. Eines dieser Frauenprojekte hat mich sehr berührt. Körperbehinderte Frauen (in Indien!), haben hier einen eigenen Arbeitsbereich, in dem sie Schmuck aus alten Blechdosen, Stoff- und Wollresten, Pappmaché, Silberdraht und Perlen erstellen, der dann in einem Laden im Camp verkauft wird.

Auf diese Weise erarbeiten sie sich ein kleines Gehalt. Sie leben dort sicher und geschützt und entwickeln das Gefühl selbstständig und nützlich – wie man sagt: „ein Teil der Gesellschaft“ – zu sein. Was für ein Gegensatz zu dem, was wir in den ersten Tagen auf den Straßen der Metropolen erlebt und gesehen haben!

Was wir uns auch angeschaut haben: Überall war zu spüren, das die Menschen mit Selbstachtung und so viel Stolz bei der Sache sind. Ein großes Werk, das Vicente Ferrer, seine Familie und Helferinnen und Helfer von RDT in den letzten 40 Jahren dort aufgebaut haben. Hut ab!

Dann noch etwas persönlich Berührendes: die Begegnung mit „meinem“ Patenkind.