Vor einigen Jahren entschieden sich sieben Freunde in Bremen einen Verein zu gründen, um Kindern in Indien zu helfen. Nicht irgendwelchen Kindern, sondern den Kindern der Dalits, der Unberührbaren: So entstand „Dalits. Eine Chance für Kinder e.V.“ Inzwischen sind wir ein gemeinnütziger Verein, d.h. wir dürfen für jede Spende auch eine Spendenquittung ausstellen.
Karen Ulderup, Vorsitzende des Vereins, über die Dalits und Vicente Ferrer: „Was wusste ich schon über das Kastensytem, als ich Anfang des Jahrtausends zum ersten Mal nach Indien reiste, um dort eine Freundin zu besuchen? Klar hatte ich gelesen, dass es offiziell abgeschafft war und es an der Umsetzung haperte. Nichts aber wusste ich über die Dalits, die
Unberührbaren
wie sie sich selber nennen.
Die 240 Millionen Dalits, die in Indien leben, gehören eigentlich gar keiner Kaste an – so niedrig stehen sie in der streng hierarchisch gegliederten Gesellschaftsordnung. Sie sind „Abschaum“, verdammt zu den untersten Arbeiten auf dem Feld oder bei der Müllbeseitigung. Ohne Zugang zum Bildungs- und Gesundheitssystem.
Am schlimmsten betroffen sind wie so oft die Frauen. Wenn sie Witwe werden oder ihr Mann sie verlässt, können sie ihre Kinder kaum mehr ernähren, weil sich dann nicht einmal mehr die eigene Familie um sie kümmert. Als ich diese Situation mit eigenen Augen sah, konnte ich Indien unmöglich verlassen, ohne irgendeine Form von Hilfe anzubieten. Aber welche? Bildung würde helfen, besonders für Mädchen – aber wie? Ich hatte ja keine Erfahrung mit der Arbeit in Hilfsorganisationen.“
Meine Freundin brachte mich mit Vicente Ferrer zusammen, einem Spanier, der 1957 als jesuitischer Missionar nach Indien gekommen war und sich seitdem mit Hingabe und Mut für die Dalits einsetzte. Trotz größter Widerstände aus den Reihen der indischen Regierung und selbst aus denen der eigenen katholischen Kirche.
Vicente lebte inzwischen mit seiner Ehefrau in Anantapur, der Hauptstadt des bitterarmen indischen Staates Andra Pradesh. Er war längst aus dem Jesuiten-Orden ausgetreten und hatte für seine Projekte eigene Stiftungen gegründet: den Rural Development Trust (RDT) sowie 1996 in Spanien die unabhängige und überkonfessionelle Fundacion Vicente Ferrer (FVF). Ich war tief beeindruckt – und kein bisschen verwundert, dass Vicente Ferrer in seiner Heimat Spanien ein berühmter Mann ist und schon zwei Mal für den Friedensnobelpreis nominiert wurde.